Pressemitteilung der IGM Region Stuttgart zu Strukturbericht 1998/99
 
  zurück
 

Die Industrie in der Region Stuttgart bleibt weiter im Konjunkturhoch. Die gute wirtschaftliche Situation wird aus heutiger Sicht auch im Jahr 2000 anhalten.Dies geht aus dem neuen Strukturbericht 1998/99 zur wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Lage in der Region Stuttgart hervor, der vom Verband Region Stuttgart, der IHK Region Stuttgart und der IG Metall Region Stuttgart zum zweiten Mal gemeinsam herausgegeben wird und der vom IMU-Institut Stuttgart und vom IAW Tübingen erstellt und bearbeitet wurde. Aus Sicht der IG Metall Region Stuttgart ist deshalb das ständige Lamentieren der Industrieverbände über Standortnachteile und Wettbewerbsprobleme unverständlich.

Weiterhin günstig verläuft auch die Umsatzentwicklung in allen großen Branchen des verarbeitenden Gewerbes der Region. Der Umsatz in der Region nahm 1998 im Jahresvergleich um 7,0 % zu und erreichte damit Rekordniveau. Dabei kam der größte Wachstumsimpuls mit 12,2 % aus dem Export. Sorge bereitet der IG Metall dabei die starke Abhängigkeit vom Fahrzeugbau. Noch nie war die Bedeutung des Fahrzeugbaus in der Region so groß wie am Ende des "Auto - Jahrhunderts". Entsprechende Risiken ergeben sich bei einer rückläufigen Autokonjunktur.

Ausdrücklich begrüßt die IG Metall Region Stuttgart das Zustandekommen einer Kooperationsplattform in der Kfz-Branche, um den Risiken, die sich aus den Branchentrends (Überkapazitäten, Sättigungstendenzen) ergeben, nicht unvorbereitet ausgeliefert zu sein. Hier bietet die IG Metall ihre eigene Mitarbeit an und fordert gleichzeitig die Landesregierung auf, diese Initiative zu unterstützen.

Der überproportionale Exportzuwachs der Region Stuttgart resultiert vor allem aus der außerordentlich positiven Entwicklung im Landkreis Böblingen, wo gegenüber dem Vorjahr nochmals ein Zuwachs um 19,9 % oder 4,4 Mrd DM erzielt werden konnte. Der Großteil des Umsatzes (57,5 %) und des Exports (67,2 %) konzentriert sich auf den Stadtkreis Stuttgart und den Landkreis Böblingen, wo besonders die Großbetriebe des Fahrzeugbaus und der Elektrotechnik ihren Sitz haben. Gewinner des Konjunkturbooms sind v.a. die exportorientierten Großunternehmen, während der Inlandsmarkt schwach bleibt. Das strukturelle Problem der schwachen Binnennachfrage macht Investitionen dringend notwendig, zumal infolge des positiven Konjunkturverlaufs, der gestiegenen Erlöse und Gewinne und der niedrigen Zinsen günstige Voraussetzungen für die Unternehmen vorhanden sind.

Trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung bleibt leider ein positiver Beschäftigungseffekt aus. Auch in den boomenden Branchen werden kaum neue Beschäftigte - sieht man von einigen qualifizierten und hochqualifizierten Bereichen ab - eingestellt, obwohl die Rahmenbedingungen günstig sind: Der Pro-Kopf Umsatz erhöhte sich überproportional und im Gegenzug sank der Anteil der Löhne und Gehälter am Gesamtumsatz. Eine echte Entlastung des Arbeitsmarktes wird sich nach Meinung der IG Metall nur durch eine andere Verteilung von Arbeit herbeiführen lassen.

Trotz guter Rahmenbedingungen bauen nach wie vor zahlreiche und bekannte Unternehmen Personal ab. Beispiele in der Region sind u.a. Haushahn in S-Feuerbach, Foxboro Eckardt in S- Bad Cannstatt, Sony in Fellbach, Neoplan in S-Möhringen und Mann in Ludwigsburg. Weil solche Fälle von Restrukturierung und Marktbereinigung anhalten werden, fordert die IG Metall Region Stuttgart den Ausbau der Bestandspflege durch die regionale Wirtschaftsförderung.

Der in jüngster Zeit von den Arbeitgebern beklagte "Mangel an Fachkräften" ist sicher ein Problem, das auch von der IG Metall gesehen wird. Dieter Knauß, Sprecher der IG Metall Region Stuttgart: "Aber dieses Problem ist auch von den Unternehmen selbst verschuldet, da in der Vergangenheit die Ausbildungskapazitäten heruntergefahren wurden. Die IG Metall ist der Meinung, dass betriebliche Qualifizierung und systematische Personalentwicklung zur Lösung dieser Probleme verstärkt durchgeführt werden muss." Sorge bereitet der IG Metall die Abkoppelung der Frauenbeschäftigung von der konjunkturellen Erholung.Hier sind spezifische Aktivitäten zur Frauenförderung gerade in den Betrieben erforderlich. Die IG Metall initiiert und unterstützt solche Aktivitäten in einer Reihe von Betrieben, u.a. bei Bosch in S-Feuerbach, Hirschmann in Esslingen und Valeo (ehem. SWF) in Bietigheim.

Um die betriebliche Qualifizierung und eine systematische Personalentwicklung voranzubringen, wird externe Hilfe benötigt. Jürgen Stamm, 1. Bevollmächtigter der Stuttgarter IG Metall und Sprecher der IGM Region Stuttgart: "Die IG Metall fordert deshalb eine politische und regionale Ausrichtung der Förderung. Mit Fördermitteln aus dem Europäischen Sozialfonds, dessen neue Förderrichtlinien Anfang nächsten Jahres in Kraft treten, eröffnen sich neue Handlungsfelder für die Region."

Beide Sprecher der IG Metall Region Stuttgart, Knauß und Stamm, hoffen, dass das neugewählte Regionalparlament wie bisher die sachliche Zusammenarbeit in den Vordergrund stellt und die Region nicht als Plattform für parteipolitische Profilierung gebraucht.

zurück