Ralf Grammel

IMU-Institut

 

Strategische und operative Herausforderungen der Kfz-Zulieferer

in der Region Stuttgart

Referat zur regionalen Branchenkonferenz für Betriebsräte

19. Oktober 2000, Stuttgart

 

In der Region Stuttgart bleibt der Fahrzeugbau die Konjunkturlokomotive. Die ökonomischen Zuwachsraten in der Region sind — gestützt auf die Erfolge im Export —überdurchschnittlich. Die Kfz-Hersteller und Kfz-Zulieferbetriebe bilden mit einem Umsatzvolumen von 56 Mrd. DM und über 120.000 Beschäftigten die dominierende Branche. Sie haben eine starke Bedeutung für die Entwicklung des Maschinenbaus, der Elektrotechnik und die auf das Kfz ausgerichteten Dienstleistungen.

Auf der Beschäftigungsseite hinterlassen vergangene Krisen- und Rationalisierungseffekte deutliche Spuren. Um über 20% oder 24.000 Beschäftigte reduzierte sich die Zahl der Arbeitsplätze in den vergangenen zehn Jahren. Der anhaltende Boom konnte die Verluste aus der Krise Anfang der 90er Jahre bei weitem nicht wett machen.

Die ökonomische Stärke der Branche in der Region Stuttgart resultiert aus mehreren Sonderfaktoren: Dem aktuellen Erfolg der beiden Endhersteller DaimlerChrysler und Porsche, sowie den ansässigen Mega- und Systemlieferanten. Für die Wirtschaftskraft und den Arbeitsmarkt der Region ist dies ein Glücksfall, der jedoch auch mit entsprechenden Risiken behaftet ist.

Vor allem die mittelständischen und kleinen Kfz-Zulieferer geraten trotz der günstigen Branchenentwicklung unter Druck. Der permanente Preis- und Kostendruck, verschärfte Anforderungen an das Qualitätsmanagement, die Optimierung des betrieblichen Materialflusses oder die überbetriebliche Logistik sind als die zentralen Problemfelder zu nennen.

Perspektivisch ist mit einer weiteren Segmentierung und Polarisierung in der Zulieferbranche zu rechnen. Vor allem kleine Teilezulieferer könnten so das Opfer des Strukturwandels werden. Es geht für die Unternehmen in erster Linie um die strategische Entwicklung und Nutzung der betrieblichen und überbetrieblichen Innovationspotentiale. Dies erfordert einerseits Kooperationen, andererseits entsprechende Investitionen in Entwicklung, Forschung sowie in die Qualifikation der Beschäftigten.

Aber auch die Betriebsräte als gewählte Vertreter der Beschäftigten eines Betriebs stehen vor entsprechenden Herausforderungen. Um deren politische Handlungsfähigkeit im Unternehmen zu gewährleisten, müssen sie sich verstärkt in Themen wie Qualifizierung, Innovationskraft und Beschäftigungssicherung einmischen. Die Problemlagen der Arbeitnehmervertreter decken sich innerhalb der Kfz-Branche. Gemäß dem Motto ‚Gemeinsam statt Einsam‘ wird die Initiierung von branchenbezogenen Betriebsräte-Netzwerken empfohlen.